Gruene Kreistag Unna

Haushaltsrede 2014 von Herbert Goldmann, Fraktionsvorsitzender

|   Anträge Kreistagsfraktion Startseite

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste der heutigen Kreistagssitzung!

Noch nie ließe sich die finanzielle Situation der öffentlichen Hand im Allgemeinen und der kreisangehörigen Kommunen und des Kreises Unna treffender beschreiben:
Den Städten im Kreis steht das Wasser der Verschuldung nicht mehr bis zum Hals, sondern bis zur Unterlippe.

Die Städte in NRW haben die höchsten Schulden bundesweit – Essen mittlerweile 3.3 Mrd – und vielen NRW-Städten droht die Pleite.

Das ist so – und das ist nicht gut so. Diese Situation ist schlichtweg nicht akzeptabel.
In der Rede des KD zur Einbringung des Haushaltes 2014 am 5.Nov. d.J. wurden die Hintergründe für den Kreis zutreffend beschrieben, also erspare ich es mir, die Auswirkungen – insbesondere aus dem Anstieg der Soziallasten – nochmals im Detail zu beleuchten.

Ich möchte vielmehr die aus meiner Sicht unterschiedlichen Schlußfolgerungen für die im Kreistag vertretenen Parteien und Gruppen aus dieser Erkenntnis beleuchten; Einschätzungen und Konsequenzen, die uns trennen – aber weitreichende Auswirkungen auch auf das politische Selbstverständnis des Kreistages haben.

Erlauben Sie mir einen grundlegenden Einstieg:
Wir haben unterschiedliche politische Wurzeln, und damit auch zum Teil sehr unterschiedliche ideologische Ansätze in unserer politischen Arbeit – aber wir haben gemeinsam die Verantwortung, die Interessen des Kreises und seiner Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen.

Das auf allen kommunalpolitischen Handlungsfeldern, das gilt aber auch für die Kreisgesellschaften, an denen wir mehrheitlich beteiligt sind.

Was bedeutet das konkret?

Zuerst einmal die Beantwortung der Fragestellung – wollen wir als Kreis unseren bisherigen Gestaltungsanspruch behalten oder wollen wir diesen auf der Grundlage der beschriebenen Finanzsituation insbesondere der kreisangehörigen Kommunen aufgeben?

Ich möchte an dieser Stelle gar nicht so sehr auf das Memorandum der Bürgermeister und Kämmerer eingehen; da steht sehr viel Gutes und Richtiges drin, leider auch Einiges, was aus meiner Sicht diskussionswürdig ist.

Rechtlich unzulässige Forderungen haben in einem solchen Papier nichts zu suchen; aber das nur am Rande.

Ich stelle diese Frage vielmehr an die verantwortlichen politischen Kräfte dieses Hauses in Bezug auf Aussagen in den vergangen Wochen und den Haushaltsreden zum Haushalt 2013.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wenn dieser eigene Gestaltungsanspruch aufgegeben wird – und ich meine dies absolut wertungsfrei – denn diese Diskussion ist zulässig und vielleicht auch zwingend zu führen – stellt sich die Frage nach der Zukunft des Kreises als Institution.

Aufgaben der Sozialverwaltung, der Gesundheitsvorsorge und –einrichtungen bis hin zur Neuorganisation der kommunalen Abfallwirtschaft – all dies kann theoretisch auch von den kommunalen Ebene wahrgenommen werden.

Wenn dies der politische Mehrheitswille dieses Hauses sein sollte, dann – liebe Kolleginnen und Kollegen – dann lasst uns hierüber reden.

Um es deutlich zu sagen, die Grünen wollen das nicht!

Die Grüne Fraktion will den Schulterschluß mit den kreisangehörigen Kommunen auf Augenhöhe.

Augenhöhe heißt – als konstruktiver und verläßlicher Partner, also weder von oben herab noch in Demutshaltung.

Die Forderung der Bürgermeister, der Kreis müsse wg. der Finanzsituation auf sog. Prestigeobjekte wie der Bau von Fernradschnellwegen, die Bewerbung zur Umwelthauptstadt verzichten, dann ist das viel zu kurz gesprungen und wird den Vorgaben, dass das Ruhrgebiet enger zusammenrücken muss um nicht noch mehr zurück zu bleiben, nicht gerecht.

Bevor wir später zu den konkreten Haushaltsanträgen kommen, die ja nun wahrlich in Teilen diskussionswürdig sind, erlauben Sie mir hierzu eine Vorbemerkung:

Ich kann diese Forderungen, Erklärungen und Aussagen - man müsse alles auf den Prüfstand stellen, es dürfe keine Tabuthemen geben, usw. – ich kann diese Plattheiten manchmal nicht mehr hören.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Was machen wir denn hier seit Jahren in der Finanzstrukturkommission unter aktiver Begleitung des Landrates, der Finanzverwaltung, der Fachbereiche und des Sprechers der Kämmerer der kreisangehörigen Kommunen?

Papiere und umgesetzte Ergebnisse füllen Aktenordner um Aktenordner.

Fragen Sie doch mal den Personalrat und die Belegschaft, wie sich die Arbeitsverdichtung durch zusätzliche Aufgaben in den letzten Jahren verändert haben?

Haben wir zusätzliche Stellen geschaffen oder abgebaut?

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen – die Lösung wäre eigentlich ganz einfach, aber da bin ich wieder bei den ideologischen Scheuklappen auf der großen politischen Bühne.
Bund und Länder haben in ihren Verfassungen eine verbindliche Schuldenbremse eingeführt.

Und so schreibt Ulrike Herrmann in einem taz-Kommentar zur aktuellen Steuerdiskussion:
„Es gehört zu den Wundern der Parteitaktik, dass die meisten Konservativen nicht begriffen haben, was die Schuldenbremse langfristig bedeutet. Wenn der Staat keine Schulden mehr machen darf, muss er – zwangsläufig – seine Einnahmen erhöhen.

Also – die Steuern müssten steigen; wie sonst sollen Städte und Kommunen gesunden?
Natürlich liegt der Einwand auf dem Tisch – dann muss der Staat – sprich die Kommunen – die Ausgaben senken.

Worüber reden wir den heute?

Das Tafelsilber ist bereits verkauft – auch unsere Kommunen vor Ort sind faktisch pleite, da gibt es kaum mehr etwas zu verkaufen.

So schlicht können Zusammenhänge sein.

Wenn wir jetzt noch die Kultur als sog. „freiwillige Aufgabe“ und die Kreisgesellschaften, wie die GWA auspressen, hauen wir uns unsere eigenen Strukturen dauerhaft kaputt.

Ich hätte heute für die Etatberatungen den Kulturetat gerne beispielhaft auf den von mir beschriebenen Prüfstand gehoben.

Alle Kultur-Säulen von Opherdicke bis hin zur Philharmonie würden durch Arbeits- und Prüfaufträge an die Verwaltung hinterfragt. Alternative Nutzungen bis zum Verkauf von Opherdicke, alles auf den berühmten Prüfstand gestellt.

Die Grünen haben davon Abstand genommen, weil wir uns nicht sicher waren, dass ein solcher Antrag wirklich richtig verstanden worden wäre - nicht weil man nicht über den Kulturetat sprechen darf, sondern weil solche Einschnitte in die Kulturqualität den Lebens- und Erholungswert des Kreises ins Mark treffen würden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die aktuellen HH-Beratungen kann man natürlich nicht ohne Berücksichtigung der im neuen Koalitionsvertrag niedergeschriebenen Verhandlungsergebnisse führen.

Aus kommunaler Sicht darf die Einschätzung erlaubt sein – der große Wurf ist es leider nicht geworden – positiv formuliert: es wird für die Kommunen nicht schlechter.

Zusätzliche Mittel für die Städtebauförderung sowie für die Eingliederungshilfe versprechen spürbare Entlastungen; belastbar ist das alles nicht.

Zwei Sätze an dieser Stelle an die CDU, die sich im letzten Jahr zu den HH-Beratungen sehr kritisch mit den Grünen auseinandergesetzt hat:

Viele, der uns heute vorliegenden Anträge sind aus meiner Sicht ausgesprochen dürftig – völlig unverständlich ist jedoch Ihr pauschaler Antrag zu den Einsparungen der politischen Gremien für 2014 und 2015.

Sie haben im letzten Jahr konkrete Einsparungsvorschläge angekündigt, die in der Höhe über denen liegen sollten, die die Grünen und die freien Wähler durch Vorschläge wie die Reduzierung des Kreistages, Verkleinerung der Fachausschüsse, Zusammenlegungen etc. Ihnen vorgeschlagen haben. Ihr Antrag – gemessen an Ihrer Ankündigung ist leider nur „heiße Luft“.

Ich komme zum Schluß – die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wird den Haushalt 2014 mittragen, da wir durch die qualifizierte Benehmensherstellung mit den Städten und Gemeinden des Kreises aus meiner Sicht ein Bild der Geschlossenheit vermitteln sollten.

Natürlich werden wir aufmerksam verfolgen, welchen Weg Politik und Verwaltung in den nächsten Monaten einschlagen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Haushaltsrede 2014 von Herbert Goldmann, Fraktionsvorsitzender